30. Juni 2020 – Der Oberste Gerichtshofes (OGH) hat kürzlich in einem Urteil festgestellt, dass die Installation einer Wallbox für einphasiges Laden eines E-Autos mit 3,7 kW eine privilegierte Änderung im Sinn des WEG ist. Der BEÖ hat dazu mit der Juristin Daphne Frankl-Templ gesprochen.
Wie beurteilen Sie die neue Rechtslage?
Daphne Frankl-Templ: Im Ergebnis kann das OGH-Urteil nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Erleichterung des Zugangs zur eigenen Ladeinfrastruktur im Wohnbau sein. Die rechtliche Umsetzung in den Wohnrechts-Gesetzen fehlt nach wie vor. Die dreiphasigen Wallbox bis 22 kW qualifizierte der OGH nicht als Teil einer privilegierenden Maßnahme, da sie keine technisch einfache Lösung darstelle, die den Erfordernissen üblicher „Haushaltsführung“ eines Kfz-Abstellplatzes diene. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Wohnungseigentümer wie bisher die Verkehrsüblichkeit oder ein wichtiges Interesse an der Errichtung einer solchen Ladestation nachweisen muss. Wenn jedoch die übrigen Wohnungseigentümer eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer schutzwürdigen Interessen durch die Errichtung nachweisen, hat sie zu unterbleiben, selbst wenn wichtige Interessen des änderungswilligen Wohnungseigentümers bestehen. Dazu hat der OGH festgestellt dass die Sicherstellung der zukünftigen Energieversorgung kein Kriterium für die Beurteilung der Beeinträchtigung ist.
Welche Änderungen wären im Wohnrecht sinnvoll?
Worauf müßte der Gesetzgeber achten?
Daphne Frank-Templ: Bei einem zukünftigen Gesetzesentwurf gilt es sicherzustellen, dass unter Wahrung berechtigter Sicherheits- und Energieversorgungs-Interessen dem Stand der Technik nicht vorgegriffen wird. Weiters ist eine generelle Erleichterung von Entscheidungen und baulichen Maßnahmen im Wohnrecht durch die Änderung der Zustimmungserfordernisse, auch unter Einsatz digitaler Kommunikationsmittel, die in der schwierigen Corona-Krise den Lackmustest absolviert haben, längst überfällig. Durch eine solche Reform des Änderungsrechts in Kombination mit einer Privilegierung u.a. in Form eines „Laderecht“ könnten wichtige Modernisierungs-, Umweltschutz- und Energieeffizienz-Maßnahmen, wie die Errichtung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, endlich Eingang in bestehende Wohnhausanlagen finden.
Was müßte sich im Baurecht ändern?
Daphne Frank-Templ: Das Baurecht fällt in die Kompetenz der Länder. Es gibt Bundesländer wie Niederösterreich, welche auch qualitativ weitreichende Vorgaben in der Bauordnung vorsehen wie zB die Ausrüstung von Stellplätzen mit Ladestationen mit 20kW und es gibt Bundesländer, die noch so gut wie gar keine Vorgaben für eine Leitinfrastruktur für Elektromobilität vorsehen. Dazu kommt dass ein Großteil der Vorgaben der Gebäuderichtlinie zu Leit- und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge von den Mitgliedsstaaten bis März 2020 hätte umgesetzt werden müssen, was (nicht nur wegen der Corona-Krise) bisher nicht geschehen ist (Ausnahme Tirol: Änderung der Technischen Bauvorschriften 2016 LGBl. Nr. 36/2020 von 23.03.2020!). Die Bundesländer sind hier säumig und dazu anzuhalten ihren Rechtspflichten nachzukommen.